Ost-europäischer Klapper-Storch sorgt für Entscheidung
Rückblende 1: Mittwoch letzte Woche: Es ist kurz vor halb 8 Uhr am frühen Abend. Die Abenddämmerung hat sich bereits bemerkbar über unser Tal gelegt. Ich steige aus meinem Auto, nur noch wenige Meter bis zu meiner Haustür. Plötzlich – ein langgezogenes „Psssssst“ aus einer dunklen Ecke. Langsam und etwas erschrocken bewege ich mich auf diese Ecke hinzu als ich so schleierhaft die Gesichtszüge des Polnischen Erntehelfers meines Nachbarn erkenne. „Ich, was für dich haben…ist mit Post gekommen“, flüstert er mir entgegen und drückt mir mehrere kleine Kärtchen in die Hand. Noch bevor ich Kärtchen überhaupt genauer betrachten kann, sucht der Lümmel mit einem breiten Grinsen im Gesicht das Weite. Verdutzt schreit ich nun durch die Tür auf der Suche nach Licht. Ein erster Blich auf die Kärtchen und sofort wird mir klar: „Verdammt, jetzt ist es zu spät“.
Rückblende 2: Es war Freitag der 1. Juni dieses Jahres. Die Saison 11-12 unserer Reserve war vor kurzem erst zu Ende gegangen. Mit sehr viel Schmerz und Wehmut blickte ich dem „unsererseits Fußball-Freien“ Sommer entgegen. Drei Monate ohne Fußball? Das kann nicht sein, dass darf nicht sein. Ein Schlupfloch, diese Zeit schnellstmöglich zu überbrücken musste gefunden werden.
Ich recherchierte also etwas im Internet und anhand eines mysteriösen, zwielichtigen Links kam ich plötzlich auf eine Idee. „Doppelte Staatsbürgerschaft beantragen in nur einer Woche – du tun sie haben“; mit dieser Überschrift bat die Seite polnischer Herkunft um meine Aufwartung. „Egal, ob Tschechische, Polnische, Ukrainische, Russische – bei uns werden Sie geholfen“. Mein Plan war es, für unsere gesamte Reserve-Mannschaft, eine dieser Ost-europäischen Staatsbürgerschaften zu beantragen, in der Hoffnung das wir aufgrund der „Bekanntheit und Klasse“ unserer Spieler in einem der Kader, für die – damals, in einer Woche beginnende Fußball-EM in Polen und der Ukraine berufen zu werden. Die Online-Seite, wusste mich also trotz brüchigen Deutsch und auch anderer eigenartiger Angebote zu überzeugen und so bestellte ich die Ausweise für kleines Geld. Dass aus der veranschlagten Woche über vier Monate werden könnten, stand übrigens im kleingedruckten ganz unten. Zum Glück hatte ich mir nicht auch noch die russische Ehefrau Swetlana bestellt, welche ebenfalls auf der Seite offeriert wurde. *
Nichts desto trotz lautete die Aufstellung unserer Reserve vergangenen Samstag in Auer daher folgendermaßen:
Zelgerinsky, Pigerchenko Danil, Dibiasic Florin, Koflerovsky, Dibiasic Petr, Mayrochenko, Daumchevski Joe (ab 70. Peerisic), Tomasinicevic (ab 54. Schweigglovski), Gonzic (ab 78. Schwarzkovski), Saninkolenko, Daumchevski Joakim
Trainer: Gruberovski
*natürlich – alles völlig frei erfunden.
Zum Spiel: Daß der Tabellennachzügler aus Auer nicht das erhoffte Hau-Drauf-Männchen wird, bekam unsere Mannschaft von der ersten Sekunde der Begegnung an zu spüren. Denn, so war es der Gastgeber, welcher in den ersten Minuten der Partie den gefälligeren Eindruck hinterließ. Unsere 11 hatte zu Beginn alle Hände voll zu tun sich an den sandigen Sandplatz in der Sportzone Schwarzenbach zu gewöhnen. Trotz mächtig Sand im Getriebe gingen wir jedoch in Minute 9 überraschend in Front. Nach einem Festival an Quer-Schlägern, landete der Ball plötzlich beim Halb-Ukrainer Szymon Mayrochenko, welcher mit einem Direktschuss aus knapp 20 Metern das Korn im Sandhaufen fand und zur 1:0 Führung einnetzte. In Minute 13. begann sich auch der Gastgeber langsam warm zu schießen (dir. Freistoß von Zelgerinsky entschärft), um nur 2 Minuten später endgültig heiß zu laufen. Per klugen Lochpass auf die startende Spitze wurde die Schlafmützigkeit unserer Mannschaft offen gelegt und vom Stürmer mit einem gekonnten Heber über den weit aufgerückten Zelgerinsky endgültig zum 1:1 abgestraft. In der Folge musste man wirklich niemanden Sand in die Augen streuen um zu erkennen, dass die Truppe aus Auer gegen einen wenig überzeugenden Gegner von Minute zu Minute selbstbewusster wurde. Nicht einmal unser, zu seiner Entschuldigung – noch von seiner Blinddarm-Operation geschwächter Linienrichter, wusste dem Unparteiischen Zufrieden zu stellen. Es wurde um mehr Aktivität und Zusammenarbeit bei den knappen Bällen an der Seitenaus-Linie gebeten. 25 Minute. Elfmeter für unsere Mannschaft. Der ältere der beiden Daumchevsky Brüder wurde soeben im Strafraum gelegt. Der Russische Regisseur Saninkolenko setzt den Penalty leider knapp links neben das Tor. 10 Minuten später die Führung für unsere Ost-Truppe. Abermals war es Szymon Mayrochenko, welcher uns mit einem direkten Freistoß ins linke Eck auf die Siegerstraße zurückbrachte (35.). Kurz vorm Pausenpfiff hatte der von Gott gesandte brasilo-tscheche Gonzic noch einen weiteren Treffer auf seinen Fuß, doch traf er mit seinem Kullerball nur den Torhüter.
Im 2. Spielabschnitt änderte sich wenig. Chancen waren weiterhin nur dem puren Zufall verschuldet. 65 Minute. Nach einem Foulspiel von Koflerovsky entscheidet der Schiedsrichter zum zweiten mal auf den Strafpunkt. Der Aurer-Spieler macht es besser und verwandelt sicher zum 2:2. Ein jämmerliches Pünktchen beim Kellerkind? Nicht mit Gonzic. Im Anschluß an einen Mayrochenko Freistoß, der den Querbalken traf, stand der begnadete Techniker goldrichtig und versenkte die Kugel zur abermaligen Führung im Netz (73.). Eine Führung, welche trotz zweier guter Auer-Gelegenheiten (jeweils stark gehalten von Zelgerinsky – 76, 87 Minute) und des verletzungsbedingten Ausscheidens des einsatzstarken Daumchevsky Joe, bis zum Schluss bestand hatte.
Torschützen:
0:1 Mayrochenko (9 Min.), 1:2 Mayrochenko (35 Min.), 2:3 Gonzic (73 Min.)